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Samstag, 15. September 2012

Einspeisevergütung und Ertragsprognose – Haftungsfalle für den Solar-Installateur?


Einspeisevergütung und Ertragsprognose – Haftungsfalle für den Solar-Installateur?

Das kann gefährlich werden

Die Errichtung von Photovoltaikanlagen erfolgt regelmäßig zur Renditeerzielung. Die unter Inkaufnahme eines hohen Investitionsvolumens installierten Anlagen werden meist fremdfinanziert. Der Käufer legt somit besonderen Wert darauf, eine ausreichende Rendite zu erwirtschaften. Um Planungssicherheit zu erlangen, ist er auf Angaben zu Einspeisevergütung und zum erwarteten Ertrag angewiesen. Erhält er diese Angaben vom Solar-Installateur, ist Vorsicht geboten. Rechtsanwalt Horst Treml zeigt erhebliche Haftungsfallen auf.
Einspeisevergütung
Den ersten Angriffspunkt für eine Haftung des Installateurs stellt die Höhe der Einspeisevergütung dar. Die Vergütung für Energie aus Photovoltaikanlagen ist ab 2012 abhängig von der Einspeisung aller bei der Bundesnetzagentur gemeldeten Anlagen. Maßgeblich für den gesamten Einspeisezeitraum ist dabei die Höhe der Vergütung im Zeitpunkt des erstmaligen Netzanschlusses. Sobald ein Liefertermin vom Installateur nicht eingehalten werden kann und damit die vereinbarte Einspeisevergütung nicht zur Auszahlung kommt, besteht die Gefahr von Schadensersatzansprüchen.
Ertragsprognose
Ein ähnlich gelagerter Anspruch ergibt sich für Ertragsprognosen, die nicht eingehalten werden. Unerheblich ist dabei, ob die Ertragsprognose aufgrund einer spezialisierten Software oder einer verbindlichen Schätzung des Installateurs entsteht. Der Käufer darf regelmäßig davon ausgehen, dass die prognostizierte Energiemenge erzeugt wird. Bei Unterschreitung droht auch insoweit ein Schadensersatzanspruch.
Schadenersatzanspruch
Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht mittlerweile davon aus, dass der Verkauf und die Installation einer Photovoltaikanlage einheitlich als Kaufvertrag zu bewerten sind (BGH, Urt. v. 03.03.2004, VIII ZR 76/03 = NZBau 2004, 326 ff.). Bei Vorliegen eines Sachmangels hat der Verkäufer regelmäßig ein sog. Recht zur zweiten Andienung, er kann beispielsweise eine Nachbesserung vornehmen. Schadensersatzansprüche entstehen regelmäßig erst, nachdem eine Frist gesetzt wurde und diese erfolglos verstrichen ist. Bei Einspeisevergütung und fehlerhafter Ertragsprognose handelt es sich jedoch um keinen Sachmangel. Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken geht in neuester Rechtsprechung davon aus, dass es sich bei einer Einspeisevergütung weder um eine Beschaffenheitsvereinbarung noch um eine Beschaffenheitsgarantie handelt (OLG Saarbrücken, Urt. v. 02.02.2011, 1 U 31/10-9 und 1 U 31/10 = IBR 2011, 258 ff.). Es fehle insoweit an einer ausschließlich objektgebundenen Anknüpfung, die Einspeisevergütung hänge gerade auch von anderen Einflussfaktoren (z. B. Zeitpunkt der Errichtung) ab. Ein kaufrechtlicher Mängelgewährleistungsanspruch entsteht somit nicht. Obwohl dies auf den ersten Blick Gutes versprechen lässt, besteht für den Installateur dennoch eine gefährliche Haftungssituation.
Rückabwicklung des Vertrags
Aufgrund der fehlenden Sachmängelgewährleistung ist der Weg frei für einen Schadensersatzanspruch aus einer Beratungspflichtverletzung. Es muss dafür nicht explizit ein Beratungsvertrag abgeschlossen werden, ausreichend ist bereits ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis, das verletzt wird. Bereits der Hinweis auf eine erwartete Einspeisevergütung oder eine Ertragsprognose, die im Rahmen der Angebotserstellung mit überreicht wird, kann dafür ausreichen. Dem Käufer steht unmittelbar nach Pflichtverletzung ein Anspruch auf Ersatz desjenigen Schadens zu, der entstanden ist, weil die Beratungsleistung fehlerhaft erbracht wurde. In der Regel ist davon auszugehen, dass bei korrekter Beratung und Aufklärung der Vertrag überhaupt nicht abgeschlossen worden wäre. Im schlimmsten Fall bedeutet dies, dass der Käufer den Vertrag rückabwickeln kann. Die Photovoltaikanlage ist dann gegen Rückerstattung des Kaufpreises vom Verkäufer abzubauen. Auch weitergehende Aufwendungen des Käufers (z. B. vorübergehende Finanzierungskosten, Dachbeschädigungen etc.) sind vom Verkäufer als Schadensersatz zu tragen.
Haftungsrisiken vermeiden
Um solche Haftungsrisiken zu vermeiden, bestehen diverse Ansatzpunkte. Zum einen kann bereits vermieden werden, einen solchen Anspruch entstehen zu lassen. Im Rahmen der Angebotserstellung sollte explizit darauf geachtet werden, bei Berechnungen keinen Anschein der Verbindlichkeit entstehen zu lassen. Dies kann durch den Hinweis auf „beispielhafte Berechnungen“, die „von der Einzelfallsituation abhängig“ sind, versucht werden. Die verbindliche Angabe einer erwarteten Einspeisevergütung sollte so weit wie möglich vermieden werden. Die Unverbindlichkeit kann betont werden, indem eine Berechnung auch unter Berücksichtigung einer geringeren Einspeisevergütung durchgeführt wird. Zudem kann ein Schadensersatzanspruch unter Zuhilfenahme von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eingegrenzt werden. Besonderes Augenmerk sollte jedoch auf deren Aktualität gelegt werden, da die Rechtsprechung gerade in diesem Bereich oft von Änderungen geprägt ist. Auch sollte bedacht werden, dass speziell auf Unternehmer zugeschnittene allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet werden. Darin können weiter reichende Haftungsbeschränkungen vereinbart werden als gegenüber Verbrauchern, zumal Betreiber von Photovoltaikanlagen in vielen Fällen als Unternehmer einzustufen sind. Insbesondere ist dabei zu beachten, dass im AGB-Recht das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion gilt. Für den Fall, dass eine Klausel nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht, wird die gesamte Klausel als unwirksam gesehen. Daraus ergibt sich die Gefahr, dass als Konsequenz die unveränderte gesetzliche Rechtslage zur Anwendung kommt. Unter Berücksichtigung dieser Wirksamkeitsvoraussetzung sollte die Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers so weit wie möglich verkürzt werden. Der Gesetzgeber sieht für Mängelansprüche die Möglichkeit der Verkürzung der Verjährungsfrist gegenüber Unternehmern auf ein Jahr vor. Ergänzend sollte die Haftung für leichte Fahrlässigkeit soweit wie möglich ausgeschlossen werden. Dabei ist sehr detailliert vorzugehen. Auf Schäden aufgrund der Verletzung von Körper, Leben oder Gesundheit sowie der Verletzung von wesentlichen Vertragspflichten darf sich dieser Ausschluss nicht beziehen. Ist die Klausel in diesem Bereich nicht detailliert genug formuliert, ist der gesamte Haftungsausschluss unwirksam. Zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen aufgrund einer zu geringen Einspeisevergütung durch verspätete Installation der Photovoltaikmodule sollte eine Selbstbelieferungsklausel vereinbart werden. Damit wird dem Verkäufer eine Möglichkeit eröffnet, vom Vertrag zurückzutreten, wenn er selbst nicht rechtzeitig beliefert wird. Der Verkäufer behält sich damit eine Möglichkeit vor, sich weitgehend unbeschadet vom Vertrag lösen zu können. Um der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urt. v. 16.06.2011, C-65/09
und C-87/09 = NJW 2011, 2269 ff.) gerecht zu werden, sollte explizit vereinbart werden, dass die Kosten für Aus- und Einbau einer mangelhaften Sache nicht vom Verkäufer geschuldet sind. Gegenüber Unternehmern ist diese Regelung innerhalb von Allgemeinen Geschäftsbedingungen klarstellend geboten und zu empfehlen. Ergänzend sollte für den bloßen Verzugsschaden, der aufgrund nicht rechtzeitiger Montage entstehen kann, ein pauschalierter Schadensersatz in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Damit kann erreicht werden, dass der Käufer im Falle des Verzugs der Leistung nur einen Schadensersatzanspruch in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Lieferwerts hat (z. B. 5 %). Sofern keine anderen Ausschluss gründe für den Anspruch eintreten, bleibt damit die Anspruchshöhe wenigstens kalkulierbar. Neben dieser nur beispielhaften Darstellung bestehen vielfältige Möglichkeiten, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu gestalten. Dies muss aber jeweils auf den Einzelfall bezogen geschehen.
Nachweisbarkeit sicherstellen
Neben den beschriebenen Ansatzpunkten im materiell-rechtlichen Bereich sollte auch die Nachweisbarkeit nicht außer Acht gelassen werden. Routinemäßig sollten ergänzend Beratungsprotokolle oder Bestätigungsschreiben formuliert werden, in denen der maßgebliche Gesprächsinhalt kurz zusammengefasst wird. Die vom Gesetzgeber aufgestellte Verschuldensvermutung zulasten des Verkäufers kann somit überwunden werden.

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